In der Morgendämmerung ist es ziemlich staubig in den Straßen von Alt Delhi. Noch ist es kühl, 22 Grad Celsius. Der süßliche Geruch in den Gässchen wird von dem Gestank des Abfalls überlagert. Gerade haben die Hindus Diwali gefeiert, daher liegt noch mehr Müll vor den Häusern als normalerweise. Beste Aussichten für eine Fahrradtour durch die Altstadt.

Der Tourguide bittet uns die Hände zu lockern. „Besonders der rechte Daumen sollte einsatzbereit sein,“ sagt Savvy Bedi. Der bedient die Fahrrad-Klingel, das wichtigste Instrument, um sich auf Delhis Straßen durchzusetzen. In einem gemütlichen Tempo radeln wir los. In der ersten Straße sind hauptsächlich Schlachter. Immer wieder rennen Straßenhunde vor mein Rad. Die Wege sind sehr eng, da ist kaum Platz zum Ausweichen.

Am Straßenrand schlafen noch Männer oder putzen sich die Zähne. Eine handvoll brutzeln schon Speisen auf dem Gaskocher und beginnen mit der Arbeit. Ein älterer Herr zieht Blumen auf einen langen Faden auf – die Blumenketten werden später Göttern im Tempel geopfert. Nebenan arbeiten Männer in einer Schmiede. Zwei Mal kreuzt ein Pferdekarren unseren Weg. Eine mittelalterliche Atmosphäre. Das Straßenbild überfordert alle Sinne gleichzeitig – nur eines fehlt: Frauen. „Sie verlassen das Haus zu so früher Stunde noch nicht,“ erklärt der Savvy Bedi, „ein paar kommen später dazu.“ Männer und Straßenhunde dominieren allerdings auch tagsüber die Straßen in Alt Delhi.

 Langsam steigt die Temperatur an, wir machen unseren ersten Stopp am größten Gewürzmarkt in Asien, genannt Khari Baoli. Die Gerüche sind jetzt noch überwältigender. Safran liegt in der Luft. Ein besonders hübscher Straßenhund begrüßt uns übermütig und springt an den Drahteseln hoch. Er kennt die Fahrradtouristen, die meistens Leckerli dabei haben. Wir folgen unserem Guide und dem Hund auf ein Hausdach. Eine wahnsinnige Aussicht auf die verwinkelten Gassen der Altstadt.

Zurück auf dem Rad übernimmt der Touristenguide wieder die Führung durch den indischen Dschungel. Als 2010 die Commonwealth Spiele in Indien stattfanden, wurde sein Kollege von Passanten angefeuert, da sie dachten ein Einheimischer würde ein Radrennen gewinnen, als sie den indischen Guide an der Spitze sahen. Da Inder nicht bekannt dafür sind, sportlich sehr erfolgreich zu sein, waren die Bewohner der Altstadt dementsprechend begeistert.

Alt Delhi ist ein muslimisches Viertel und wurde hauptsächlich von Shah Jahan Anfang des 17. Jahrhunderts erbaut (Er hat übrigens auch das Taj Mahal in Agra für seine Lieblingsfrau konstruiert). Seine Gebäude sind die eindrücklichsten auf der Fahrradtour: Die Moschee Jama Masjid ist die größte in Indien. Hier haben 20.000 Gläubige Platz. Direkt gegenüber im Roten Fort war das Machtzentrum von Shah Jahan und seinen Nachfolgern. Mit Architektur kannten sich die muslimischen Herrscher gut aus. Shah Jahan und seine Familie haben die wichtigen Gebäude selber gestaltet.

Der letzte Stopp der Tour war Karims Restaurant. Seit 1913 werden hier royale Speisen für das normale Volk gekocht. Die Familiengeschichte des Restaurants kann bis zum Küchenchef der muslimischen Herrscher zurückgeführt werden. Die knusprigen Chapati zum Frühstück waren unglaublich lecker. Das Rezept bleibt leider ein Familiengeheimnis.

 Um 10.30 Uhr bringen wir die Fahrräder zurück an den Ausgangspunkt. Jetzt geht das Leben in der Altstadt erst richtig los. Ein Durchkommen mit dem Fahrrad ist dann unmöglich. Wie meine Oma sagen würde, die Tour ist ein absolutes Muss 😉 (Hier der Link: http://www.delhibycycle.com , Name der Tour: Shah Jahan Tour).