Diese Woche habe ich Hochzeitsspione bei der Arbeit begleitet. Ihr Job ist es herauszufinden, ob der zukünftige Schwiegersohn ein Alkoholproblem hat, seine Ex-freundin trifft oder vielleicht einen schlechten Charakter hat. Kein Detail entgeht ihnen. Jedoch nicht nur zukünftige Ehermänner und Frauen sind Ziel der Spionage auch die Schwiegermutter wird gerne einmal genauer unter die Lupe genommen, schließlich zieht die eigene Tochter meistens in das Haus der Schwiegereltern. Ist diese eine herrische Tyrannin, könnte sogar Verlobung gelöst werden.

In Indien gibt es rund 15.000 Agenturen, die jeweils bis zu 100 Aufträge im Monat bearbeiten. Früher hat die Familie eigentlich den Job der Spione übernommen – Tanten oder Nachbarn haben den zukünftigen Schwiegersohn/tochter der Familie vorgestellt und kannten bereits das gesamte Umfeld. Mit der wachsenden Anzahl an Liebesehen (wobei auch heute noch die meisten Ehen arrangiert werden) und online-Dating, steigt die Ungewissheit über den eigenen Partner und somit wächst der Markt der Hochzeitsdetektive konstant.

Anand, hauptberuflich Hochzeitspion, hat nicht das Gefühl, dass eine Ehe bereits im vorhinein belastet ist, wenn ein Partner den anderen ausspionieren lässt. Seiner Meinung nach können so alle Zweifel beseitigt werden und dem Eheglück steht nichts mehr im Wege. Er würde bei seiner Partnerin genauso vorgehen, falls er einen Verdacht hätte.

Der Spionageakt kann bis zu zwei Wochen dauern – die Detektive folgen dann meistens zu viert der betroffenen Person. Sobald das Objekt der Begierde morgens das Haus verlässt, sind sie ihm auf den Fersen. Auch das nähere Umfeld wird befragt. Die gesammelten Informationen werden schließlich zusammengetragen und dem Auftraggeber übergeben. Ob die Ehe letzten Endes zustande kommt, erfahren die Hochzeitspione meistens nicht.

Gautami hat selber vor drei Jahren einen Detektiv engagiert, um den Mann besser kennenzulernen mit dem sie ihr Leben verbringen sollte. Ihre Eltern hatten ihre Ehe arrangiert. Mittlerweile lebt sie alleine und wartet auf ihre Scheidung, die in Indien längst nicht immer gesellschaftlich akzeptiert ist. Damals sagten ihr die Detektive, dass ihr Verlobter ein aufbrausendes Temperament hätte. Sie wünscht sich bis heute, sie hätte besser auf die Detektive gehört: „So hätte ich der körperlichen Gewalt Zuhause entgehen können und müsste jetzt nicht so viel durchmachen.“

In Indien hat eine Heirat eben wenig mit Liebe zu tun, es erinnert an einen Gebrauchtwagenkauf. Jede kleinste Macke des Partners soll bekannt sein. Grundsätzlich glauben die meisten Inder, dass wahre Liebe erst nach der Hochzeit entsteht. Liebe auf den ersten Blick gibt es also höchstens in Bollywood. Drum prüfe wer sich ewig bindet, ob sich nicht noch was besseres findet.