Mit dem intensiven Geruch von öligen Samosas und indischen Chapatis werde ich in den kommenden drei Monaten täglich aufwachen. Meine indische Tante steht bereits früh am Morgen in der Küche, um gemeinsam mit einer Haushaltshilfe ein warmes Frühstück vorzubereiten. In dem Haus leben meine Tante und mein Onkel gemeinsam mit ihrem Sohn, seiner Frau und dem ersten Enkelkind. In Indien ist es üblich, dass der Sohn auch nach der Hochzeit im Haus der Eltern lebt und die Schwiegertochter ebenfalls einzieht. Ich habe bereits ein paar Tage bei meiner indischen Familie gelebt, aber niemals über einen längeren Zeitraum hinweg. Ich bin sehr gespannt, wie ich mich ins Familienleben integrieren kann und ob ich am Ende selber gerne Cricket Spiele und Bollywood Soaps schaue.

Tagsüber werde ich im ARD Studio in Neu-Delhi arbeiten. Morgens werde ich dorthin mit dem Taxi reisen, da eine Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln schlichtweg unmöglich ist. Eine Freundin hat mir von ihrer Cousine berichtet, die mit dem Zug in Mumbai zur Uni fährt und am ersten Tag acht Anläufe brauchte, bis sie einen Platz darin ergattern konnte. Das möchte ich mir ersparen. Außerdem ist die negative Berichterstattung über Frauen in Indien (insbesondere in Neu-Delhi) natürlich ernst zu nehmen. Ich selber habe bisher keine schlechten Erfahrungen dieser Art gemacht, wenn ich auf dem Subkontinent unterwegs war. Unangenehm war bisher höchstens, dass man immer sehr beharrlich von Männern angestarrt wird. Sie halten es erstaunlich lange durch nicht einmal mit den Augen zu blinzeln. Starrt man zurück, empfinden sie das leider eher als Aufforderung weiter zu gucken. In den kommenden drei Monaten ist es mir wichtig, genauer auf die Frauenrolle in Indien zu achten und euch darüber zu berichten.

Das Praktikum bei der ARD wird neun Wochen dauern und ich bin wahnsinnig gespannt auf meine täglichen Aufgaben und das gesamte Team. Ich möchte lernen, wie ein Auslandsstudio arbeitet und strukturiert ist. Spannend wird sicher, wie Journalisten in Indien arbeiten. Wie geht man damit um, dass der Interviewpartner ein bis zwei Stunden später erscheint? Außerdem scheinen bürokratische Hürden ein großes Problem zu sein. Ein englischer Journalist hat mir vor kurzem berichtet, er habe noch nie in einem so chaotischen Land wie Indien gearbeitet. Bis heute habe er es nicht geschafft ein Journalisten-Visum für Indien zu erhalten und sei immer mit einem Touristen-Visum eingereist, um vor Ort zu drehen. Ich habe mich darauf eingestellt, dass man viel Geduld mitbringen sollte, um gute Beiträge umzusetzen. Über die Arbeit der Journalisten in Indien und den Journalismus insgesamt möchte ich auch gerne mehr in den kommenden drei Monaten schreiben und meine Erfahrungen mit euch teilen.

Wenn euch Fragen über Indien und das Leben dort beschäftigen, lasst es mich gerne wissen. Schreibt mir am besten einfach bei Twitter @CosimaGill. Ich schaue mich gerne für euch um. Morgen geht es endlich los und ich bin schon verdammt aufgeregt.